Bei einem sind sich Besucher und Hamburger einig: Die Hansestadt hat einen außergewöhnlichen Charme. Mit ihren zahlreichen Brücken, dem Alsterufer und der Speicherstadt ist sie wirklich schön anzusehen. Aber wie jede Großstadt hat auch Hamburg so seine Herausforderungen. Illegale Graffitis säumen Hauswände und Mauern – häufig vulgär und ohne künstlerischen Anspruch. Wer sich daran stört, lehnt diese Gestaltungsform in der Regel kategorisch ab. Dabei kann man vor allem in Hamburg auch echte Kunstwerke finden. Legale Auftragsgraffiti in Hamburg sind ein kreativer Ausdruck durchdachter Kunst und tragen zum Stadtbild bei, anstatt es zu verschmutzen.
Graffiti-Kunstwerke erzählen Geschichten
Ausstellungen wie die FrauenFreiluftGalerie produzieren sogar einen echten Mehrwert. Zwischen dem Fischmarkt und Övelgönne können Spaziergänger vierzehn Gemälde bestaunen und jederzeit kostenlos und barrierefrei sowohl Kunst als auch Geschichte erleben. Kräftige Farben säumen rote Backsteinmauern und Treppen, wecken Neugier und Interesse.
Auch in Ottensen verschönert Graffiti die Stadt. In der Barnerstraße ist eine Hauswand mit einer enormen Welle verziert. Mit weißem Schaum und verspielten Delfinen gibt sie der Straße einen maritimen Flair und erinnert an die Große Welle des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai, der sie im 19. Jahrhundert als Holzdruck schuf. Diese kreative Aufhellung der Hausfassade wirkt keineswegs achtlos oder schmutzig, zaubert aber Fußgängern und Radfahrern ein Lächeln aufs Gesicht.
2015 veranlasste das Kunstfestival Knotenpunkt den Künstler Björn Holzweg, die Wand einer Knochen- und Gelenk-Klinik mit der Anatomie dreier Tiger zu verschönern. Sie springen förmlich die Wand entlang – einer bloß aus Knochen, ein anderer nur aus Fleisch und ein dritter mit Fell. Damit kreierte Holzweg nicht nur einen spannenden Beitrag zum Festival, sondern hinterließ langfristig Spuren im Stadtteil Altona, wo die Bewohner auch heute noch die Farben und Formen bestaunen können.
Sogar öffentliche Einrichtungen, Unternehmer und Privatpersonen nutzen die Kraft der Wandgemälde in ihren Krankenhäusern, Fitnessstudios und Wohnzimmern. Ob es dabei um Kunst oder Marketing geht, spielt gar keine Rolle. Schließlich haben schon die antiken Ägypter auf Wänden gemalt.
Graffiti als Auftragskunst
Dass diese Projekte keine illegalen Schmierereien sind, ist natürlich klar. Nur wer die entsprechende Genehmigung erhält, darf eine Wand besprühen. Legale Auftragsgraffiti sind deshalb von Natur aus durchdacht, denn sobald diese erste Hürde überwunden ist, darf der Künstler ein wahres Gemälde konzipieren. Gebäudewände, Flächen und Objekte werden optisch aufgewertet und somit wird auch meist das unerlaubte Besprühen verhindert, denn bestehende Kunst wird eher respektiert als eine leere Wand.
Wer schon einmal eine Sprühdose in der Hand gehalten hat, weiß, dass Handwerk und künstlerisches Können zusammenfinden müssen. Selbst die einfachsten Schriftzüge brauchen ein gutes Gespür für die Handhabung der Farbe. Distanz und Geschwindigkeit spielen dabei wichtige Rollen und entscheiden darüber, ob das Graffiti schlussendlich professionell und künstlerisch erscheint oder sorglos und zerstörerisch wirkt.
Ein wahrer Graffiti-Künstler arbeitet mit diversen Techniken und Stilen und in Rücksprache mit dem Kunden. Deshalb kann auch die Stadt Hamburg ganz aktiv in ihrer Graffiti-Szene mitwirken, anstatt nur krampfhaft zu versuchen, sie zu kontrollieren. Das verbindet Vision und Realität, aber auch Entscheidende und ihre Bevölkerung. Denn gerade junge Menschen fasziniert die Kunst des Graffiti. Wenn ihr Talent und Engagement auf das Wohlwollen der Politiker trifft, können Städte wie Hamburg echtes Potenzial freisetzen und sich und ihre Bewohner ganz authentisch repräsentieren. Und so behält Hamburg seinen einzigartigen Charme.
Andreas Kirchner ist Herausgeber des Online Magazins Hamburgausflug.de. Ich lebe seit über 40 Jahren im Speckgürtel von Hamburg. Auf unserer Seite stellen wir Ihnen Sehenswürdigkeiten, Ausflugsziele, Attraktionen sowie wissenswerte Fakten über Hamburg zur Verfügung.
Mehr Artikel von mir.